
Herbsttag
Herr es ist Zeit. Der Sommer war sehr gross.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los.
Befiel den letzten Früchten voll zu sein;
Gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süsse in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
Rainer Maria Rilke
Danke, Rainer Maria Rilke, für dein schönes Herbstgedicht aus dem Jahre 1906. Danke, Sigi, dass du uns mit der Organisation des letzten Zigarren-Treffens vor einer Herbst-Depression bewahrt hast. Schrecklich der Gedanke, plötzlich lange Briefe statt kurzer SMS zu schreiben und zu wandern statt zu walken!
Und getrieben werden wir nicht durch profane Blätter, sondern durch in der Karibik sonnengereifte Tabakblätter, die auf den Frauenschenkeln der Rezagadoras mit grosser Aufmerksamkeit sortiert und vom Torcedor mit dem Schneidmesser und ein bisschen pflanzlichem Leim zu einer edlen Havanna-Zigarre geformt werden.
So wählen wir im Humidor von Samuel Menzi kleine Kunstwerke, die uns durch den Abend begleiten werden. Pascal entscheidet sich für die grandiose Ramon Allones Coronas Gigantes, tscheiar für die bewährte Partagas 8-9-8 Varnished, während Sigi seine bevorzugte Denner-PS-Zigarre bereits in der Tasche hat.
In der Widder-Bar setzen wir uns direkt zur Widder-Frau ans Fenster. Drei Bier sind schnell bestellt. Die Bar des Fünfsternehauses bietet einen perfekten Service. Die Nüsschen werden laufend nachgefüllt. Das macht einen viel besseren Eindruck, als mein Erlebnis vor ein paar Jahren: Zum Martini-Dry-Cocktail bestellte ich Oliven, welche mir unter der Rubrik „Küche“ verrechnet wurden. Tempi passati!
Die Pizza im Ristorante Santa Lucia schmeckt buonissimo, dem spanischen Wein fehlen noch zwei südlichere Tage. Das Park Hyatt ist voll Chill & Lounch und stehend wollen wir die Zigarren nicht rauchen. Also besuchen wir die bewährte Havannabar, in der karibische Rhythmen unseren Havannas ein letztes Ständchen mit auf dem Weg zur Hinrichtung geben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen